2024 HYSTERIKON

HYSTERIKON  

Ein Stück von Ingrid Lausund

Regie: Petra Lamy



DAS STÜCK

Wieviel haben Sie noch auf dem Konto? Reichts noch für die große Liebe, oder besser doch das blonde Sonderangebot? Greifen Sie zu! Denn für jede verpasste Gelegenheit gibts eine Abbuchung von ihrer LifeCard. Die Welt als Supermarkt. Links im Regal Tomaten, die bezahlen Sie bar. Karrieren finden sie weiter oben, zwischen Intrige und Verrat. Indische Räucherstäbchen gleich bei den Menopausen. Unten die sogenannte Bückware. Je tiefer, desto billiger. Hält das Rückgrat biegsam.

Der Kassierer zuckt mit den Achseln und kassiert. Abgerechnet wird am Schluss. In einem Mikrokosmos zwischen Regalen und verlorenen Träumen, zwischen Gemüse und unbefriedigten Wünschen entsteht ein Schmelztiegel aller Gesellschaftsschichten und grotesken Alltagsmenschen. Eine Versammlung der Suchenden.


Ein kühl glänzender Supermarkt, ein Gerippe aus Stahltraversen, beweglichen Metallregalen, rollenden Wühltischen, Einkaufswägelchen, auf einem Display Werbebotschaften in Dauerschleife und über diesem Mikrokosmos thront, auf seinem Schiedsrichterhochsitz der KASSIERER, das fleischgewordene Prinzip der Abrechnung, nicht nur seiner Kunden, sondern auch der Zuschauer. Die Lebenskunden werden messerscharf etikettiert, einsortiert und in die zugewiesenen Abteilungen geschickt. Abteilung: Abgelaufen. Abteilung: Menopause. Abteilung Therapie. Keiner kommt an ihm vorbei. Omnipräsent taucht er überall auf und verschwindet wieder auf seinen Strippenzieherplatz. Wer keine Gnade vor ihm findet, kriegt an der Kasse der großen Abrechnung die Scheißtütchen zugewiesen. Warum? Weil, man sie angenommen hat, sich nicht verweigert hat.

Und manchmal geht er auch in den Köpfen der Leute spazieren und spricht ihre Gedanken übers Kassenmikro aus... sind es ihre, oder pflanzt er sie ihnen ein. Wer weiß? … Durch kurze Einspielungen und überlappende chorisch gesprochenen Gedanken der verschieden Kunden, wird so ihr Innerstes nach außen gekehrt. 

Zögern und Fehlentscheidungen werden von der Lifecard abgezogen. Soll es das Joghurt Ingwer-Masala sein oder doch lieber Maracuja-Zimt.... Das könnte ja über unser Lebensglück entscheiden…

Dabei sehen die Zuschauer, dass alle diese Produkte gleich aussehen…. Gleichförmige Behälter in weiß oder durchsichtig und … nix drin, oder doch? Wie soll man sich da entscheiden?


„Tja, das ist das Problem. Keiner weiß mehr, was man noch glauben kann und was nicht, weil eh alle lügen.“


Die Verführung lauert in jedem Regal, in jeder Tiefkühltruhe, soweit sogar, dass eine fleischgewordene Verführung in Gestalt einer wunderschönen Frau‚ Frigitte’ die Bewohnerin der Tiefkühltruhen, ganz real die Liebesmangelleidenden, Erfüllung versprechend, in ihr kaltes Reich zieht. Selbst die Verführerin hofft auf die Erfüllung ihrer Träume, möglichst noch vor Ablauf ihres Mindesthaltbarkeitsdatums…. Aber, ach!

Wollen nicht alle, dass einmal was passiert, wo man nicht schon von Anfang an das Ende kennt. Etwas, das irgendwie größer ist. Entschiedener. Kompromissloser. Einmal vertrauen, ein Leben lang glücklich sein!

Ob Paare in Gucci und Armani oder übergriffige Frauen mit Jutetaschen, sich innerlich selbst zerfleischende Jugendliche oder bombenlegende Systemsprenger.

Wir erleben die sonst inneren Sehnsüchte und Abrechnungen dieses Menschenquerschnitts in ihren privaten Momenten der Konsumentscheidungen.


„Was die Dinge kosten, weiß man auch. Was sie wert sind, weiß man oft erst wenn sie nicht mehr da sind. Alles kostet. Mehr als man denkt.“


Dabei wächst in dieser Inszenierung die Ahnung, dass all diese Kaufentscheidungen eine Metapher für unsere Lebensentscheidungen sind.


"Gehandelt wird nicht. Sie können kriegen was Sie wollen, vorausgesetzt, Sie können zahlen. Kaufen und gekauft werden. Verkaufen und verkauft werden. So ist das und das ist nichts Neues. Zahlungsmittel: Geld, Karte, Schecks - weiß man doch. Aber auch Träume, Ehrlichkeit, Würde, Gesinnung, Freunde, Kinder, Partner. All das können Sie eintauschen gegen alles mögliche. Zum Beispiel Träume, Ehrlichkeit, Würde, Gesinnung, Freunde, Kinder, Partner.“


Wollen wir alle dem Leben ein 'Schnäppchen' abtrotzen? Was haben wir noch auf unserer Lifecard übrig... schon alles ausgegeben? Wer zahlt am Ende? Was ist denn mein Markwert, oder stimmt es, dass Attraktivität durch und durch kapitalistisch funktioniert?

So bleibt im Supermarkt des Lebens der Gedanke:


„Irgendwo fängt das an, das Leben abgeben, das fängt im Kleinen an, daß man nicht mehr selbst entscheidet. Irgendwas muß sich ändern, irgendwas heißt: mein Leben.“

Wer ist wer?

WOW! WOW! WOW!
Was für ein Premierenwochenende!! Sechs tolle Vorstellungen liegen hinter uns! Die Saarbrücker Zeitung schreibt zum Stück:
„... Mit „Hysterikon!“ zaubert die „acting and arts Company“ der privaten Schauspielschule Saarbrücken eine fulminante Revue aus dem deutschen Konsumentenleben auf die kleine Bühne im Obergeschoss der Neufang Kulturfabrik. Ein Shopping-Trip der Extraklasse!"
Ein besonders großes Dankeschönan Martina Krawulsky. Wir sindganz überwältigt von dergrandiosen Kritik zu unserer neusten Produktion.
Aber lest selbst...

Der Kassierer
"Sie können kriegen was sie wollen, vorausgesetzt Sie können zahlen!"
Mann mit Ferrikanne
"Hmmm... schöne Kanne!"
Mann in Armani
"Wir haben doch jetzt wirklich jeden Abend was zusammen gemacht..."
Bombenleger
"Dieses Ding mit der Moral ist doch nur so ein Verein der Gutmütigen, wo man jederzeit die Mitgliedschaft kündigen kann."
Fairtradefrau
"So gut kann Frieden riechen."
Frau in Gucci
"Nur ein Schlückchen... merkt ja niemand."
Frau mit Plüschjacke
"Welche nehme ich denn jetzt?"
Frau in Silber
"Jaaa klar, bringe ich mit!"
Frigitte
"Probieren Sie!"
Boy
"Was brauche ich nochmal? Spinat, Pesto..."
Patient
"Die schauen alle. Wenn jetzt noch einer lacht..."
Träumer
"Eigentlich würde ich ja schon gerne..."
Nutella-Mädchen
„Mist, schon wieder nicht getraut… Nutella, wenigstens was.“
Schulmädchen
"Es geht darum, dass ich mich entscheide, einfach nur entscheide."
Hausfrau
"Irgendwo lauert doch bestimmt noch ein Schnäppchen."
Punkmädchen
"Mögen Sie Spaghetti?"
Geschäftsfrau
"Hmm..."
Angestellter
"Brauchen Sie noch etwas?"

BESETZUNG:  

       

Benjamin Kelm            Der Kassierer
Manuel Franz              Der Mann an der Ferrarikanne, Der Mann in Armani, Bombenleger

Lena Noß                    Das Mädchen, Frigitte

Valentina Knauber     Frau mit Jutetasche, Die Frau in Gucci

Robert Sonnenburg   Junger Mann, Neurotiker, Lover

Nex Cumbo                  Punkmädchen

Lenke Nagy                 Mädchen

TEAM:

Petra Lamy                 Regie, Konzept & Bühnenbild

Manuel Franz              Förderungen & Grafiken
Lena Noß                     Büro & Ticketing


Technische Assistenz: Benjamin Kind,

Produktionsfotos:       Jean M. Laffitau

Produktion:                  Petra Lamy für acting and arts Company

Wir danken unseren Unterstützern & Sponsoren!